Mir wurde so begeistert vom Sajama Nationalpark berichtet, dass ich die etwas komplizierte Anfahrt aus Potosí (eine Stunde Warten in Potosí, 3 Stunden Bus fahren, 1 Stunde Warten in Oruro, 1 Stunde für die ersten 500 Meter, 1,5 Stunden Busfahrzeit = Ankunft in Patacmaya um 1 Uhr morgens. Am nächsten Morgen 2 Stunden Wartezeit + 3 Stunden Fahrzeit) in Kauf genommen habe. Es hat sich gelohnt.

Man sieht den Sajama und die Zwillingsvulkane Parinacota und Pomerape schon von weitem am Horizont. Drei Sechstausender – sehr hübsch mit Schneespitze. Der Sajama ist mit 6542 Metern ein sehr hoher Vulkan und der höchste Berg Boliviens. So spät im Jahr ist er wegen penitentes kaum zu besteigen. Musste also glücklicherweise nicht drüber nachdenken, ob ich Lust auf drei sehr kalte Tage habe.

Er ist aber einfach höchst fotogen: Der Sajama …

War vier Nächte in Sajama und wäre länger geblieben, hätten sich nicht Regen und Schnee angemeldet. Schon mit dem unserem Traumwetter (12 Grad, 12 Sonnenstunden – auf ~4200m) war es abends/nachts echt windig und kalt. Schön war auch, dass sich im Hostal eine lose Gruppe aus ca. zehn Deutschen und Franzosen gebildet hat, es war immer jemand da. Ebenfalls sehr zum Wohlfühlen: im Aufenthaltsraum gab jederzeit heißes Wasser, Kaffee und Teebeutel standen immer auf dem Tisch.

DREI LAGUNEN WANDERUNG (höchster Punkt 5000m)

Mit Johannes und Wiebke aus Freiburg und Maelle aus Paris sind wir um 7 Uhr aufgebrochen. Ein Jeep hat uns die ersten Kilometer zu den Geysiren gefahren. Die hatten so früh keine Lust zu speien, es hat nur überall geblubbert und die Landschaft war auch klasse. Es wurde noch schöner, als wir dann zu drei hochgelegenen Lagunen gewandert sind, eine schöner als die vorherige. In Summe waren wir für die 27 Kilometer fast 10 Stunden unterwegs, weil wir so viele Foto- und Anschaustopps gemacht haben. Auf den letzten Kilometern hat uns die Lust verlassen und wir sind querfeldein gelaufen. Hat funktioniert, inklusive des etwas riskanten Sprungs über den gar nicht mal so schmalen (und vor allem schnell fließenden und recht tiefen) Fluss.

Unterwegs haben wir jede Menge Lamas, Alpakas und wilde Vicuñas gesehen. Oben auch viele Vizcachas (eine Chinchilla-Art), die größtenteils viel zu faul zum weglaufen waren. Irgendwann natürlich schon und wir konnten sehen, wie unglaublich schnell sie sind und wie steil/hoch sie selbst im Galopp klettern können. Fies. Am schönsten war aber doch das Flamingosichten an der dritten Lagune. Die sind sogar eine Extra-Runde für uns geflogen (nur ganz vielleicht, weil sie sich durch uns gestört gefühlt haben).


HEISSE QUELLEN

Einen entspannten 8-Kilometer-einfacher-Weg-Spaziergang entfernt gibt es einige heiße Quellen. Wir haben die naturbelassene genommen (die „offizielle“ sieht aus wie ein Schwimmbecken). Tatsächlich war das Wasser so warm, dass wir zwischendurch immer wieder raus mussten (wo das Abkühlen wegen des Winds sehr schnell ging). Dann kam von der Straße ein Jeep gefahren und es sind viele, viele Leute ausgestiegen (also definitiv Locals), die sich auf den Weg in unsere Richtung gemacht haben. Angekommen sind aber nur drei Kinder mit einer Frau. Den Rest haben wir in der Flusssenke aus den Augen verloren. Die Kinder (8-12) haben uns gut abgelenkt mit ihrer Sorge vor Ertrinken, uns ganz aus Versehen nass spritzen und so weiter. Das vorlauteste Kind hat uns ständig gringos genannt, wusste aber immerhin, dass Deutschland in Europa ist und Krieg gegen die Sowjetunion geführt hat. Schließlich kamen die weiteren Erwachsenen der Truppe (da fühlt man sich im Bikini ganz schön nackt) doch noch. Wir haben den Rückweg angetreten.

Am Fluss wurde klar, was sie (die Frauen) so lange gemacht haben: Wäsche gewaschen. Die hing jetzt über den Büschen zum Trocknen. Das Dorf Sajama hat erst seit wenigen Jahren fließend Wasser und Strom, Waschmaschinen haben noch keinen Einzug gehalten.

PARINACOTA (6380m)

Der Acotango (grad so 6000m) und der Parinacota sind jeweils in einem Tag besteigbar und technisch supereasy (viel leichter als der Huayna Potosí – aber schwieriger zu erreichen). Das geht, fand ich, da friert man nicht so lange. Klar hab ich mich für den schwierigeren Berg (weil länger und höher) entschieden. Um halb zwei gings los, nach Rüttelfahrt über Feldwege sind wir um 3 Uhr am Campo Alto losgelaufen. Das Autothermometer hat -10 Grad angezeigt. Diesmal hatte ich keine fette Jacke ausgeliehen…

Steigeisengeeignete Bergstiefel waren aber notwendig. Die gabs leider nur in einer halben Nummer zu klein (oder zwei zu groß). Der linke große Zehennagel wird gerade blau… Erstaunlicherweise hab ich das nicht gemerkt, weil meine Füße (bzw. ich in Summe) den gesamten Weg hoch ein einziger Eisklotz waren. Runter haben wir den direkten Weg genommen, erst mit Steigeisen durch den Schnee und dann durch den Vulkanschotter abfahrend. Da liegt die Belastung auf den Fersen.

Unser Guide Rainaldo hat einen sehr gemäßigten Gang gewählt. So wurde mir nicht warm, aber wir sind ohne Pausen (abgesehen von auf-Sylvain-warten und Sonnenbrille aufsetzen) in guten vier Stunden auf den Gipfel gestiegen. Weil ich vor dem Start nichts runtergebracht habe, musste ich zwischendurch zwei Snickers und ne Handvoll Nüsse in den Mund schieben. Bin so stolz, dass ich im Bergaufgehen essen konnte. Dafür stehen zu bleiben wäre auch keine Option gewesen, es war einfach zu kalt. Mit mehr Essen/Energie wäre der Aufstieg sicher einfacher gewesen und mir wärmer. Freut mich aber, dass mein Körper auch mit so wenig 1200 Höhenmeter schafft. Weil wir ja so „spät“ los sind wurde es schnell hell (leider nicht warm) und wir konnten die Landschaft schon beim Aufstieg bewundern. Der große Vorteil an kalt: die Steinchen sind alle noch festgefroren und man rutscht nicht bei jedem Schritt zurück.

Der Kraterrand – es ist eindeutig ein Vulkan – kam dann plötzlich. Wow! Natürlich haben wir die letzten Höhenmeter zum höchsten Punkt auch noch gemacht. Bei unserer anschließenden Pause habe ich meine Cola mit Paul geteilt. Er hatte sein Wasser und Gatorade außen am Rucksack, beides war logischerweise komplett gefroren. Unerwarteterweise aber auch das Ei und die Tomate auf meinem tief im Rucksack vergrabenen Sandwich… Puh.

Was hatten wir für ein Glück, dass quasi kein Wind war. Auch wenn es viel Kältejammern ist und manche Fingerspitzen vier Tage später noch taub sind: es war wunderschön und ich war auch zitternd glücklich.

Um 11 waren wir zurück im Hostal. Schlafen konnte ich nicht, deswegen war es gut, dass Programm geboten war.

CELEBRACION DE PROMOCION (Abschlussfeier)

Wir haben uns immer gefragt, wie viele Menschen eigentlich in Sajama leben. Auch wenn es viele Häuser gibt wirkt es gottverlassen, weil man nirgendwo Leben sieht. Seit unserer Ankunft wussten wir, dass am Samstag das ganze Dorf den Schulabschluss feiert. Von wie vielen oder wie das abläuft wusste aber niemand. Schon erstaunlich, dass es im Ort überhaupt eine Sekundarstufe gibt.

Zum Einordnen hier ein paar Eindrücke zum Dorf:

Wiebke und ich sind am frühen Nachmittag zum Dorfplatz, um schon mal neugierig zu schauen, was so passiert. Die erste sympathische Feststellung: Vor der Dorfhalle sind zwei Stände aufgebaut, auf denen sich Geschenke (schon eingepackt) stapeln. Man kann das Geschenke besorgen also getrost vergessen. Und es gibt Konfetti. Ohne Konfetti geht nichts.

Schließlich wurden wir gefragt, ob wir Fleisch essen. In diesem Fall: ja. Dann sollen wir doch bitte reinkommen. Der erste Teil des offiziellen Programms war rum und die Massen wurden verköstigt. Es gab Suppe und anschließend Lamafleisch mit Reis und Kartoffeln. Als alle gegessen hatten wurde es erstmal leer.

Als wir am Abend wieder kamen hatte sich das Ambiente sehr verändert. Für jede/n AbsolventIn gab es einen mit Plastikstühlen abgetrennten Bereich in der Halle und für jeden stand eine vielteilige Torte bereit (zum Anschneiden um Mitternacht war ich nicht mehr dort). Die Band hat für alle gespielt 🙂 Das Bier floss und nur da, wo die Touris tanzten, war der Boden trocken. Eigentlich schüttet man den ersten Schluck/Schaum einfach auf den Boden und ganz wichtig ist das gründliche Ausschütteln des leeren Bechers vor dem Nachfüllen.
ES WURDE GETANZT. Hach, das war schön.

Bis die Müdigkeit überwogen hat und ich schlafen gegangen bin.

Am nächsten Morgen wollten wir ALLE zurück nach Patacamaya. Es gibt nur einen Minibus, mit 14 Plätzen, morgens um sechs. Wir waren gespannt, ob überhaupt ein Busfahrer kommt, oder ob er noch betrunken ist. Er kam, war nüchtern, aber überrascht, dass 18 Touris und 10 Einheimische mitfahren wollten. Fährt er also wieder weg, „einen größeren Bus holen“. 20 sehr kalte Minuten später war er wieder da – immer noch mit einem Minibus. Da haben wir Touris uns sehr gemeinschaftlich reingequetscht, für die Locals war allerdings wirklich kein Platz mehr, sie haben verzichtet.

In  Patacamaya gabs Hühnersuppe zum Frühstück und dann weiter nach…

ORURO

Ich wollte ganz unbedingt Wäsche waschen (lassen) und es eine Nacht entspannt und warm haben. Deswegen bin ich nicht wie alle anderen weiter gefahren, sondern in Oruro geblieben. Das macht kaum ein Touri.
So ganz ging mein Plan nicht auf und es war mein Travel Blues-Nachmittag. Schon wieder ein dunkles Zimmer mit Fenster nur in den Gang und ein Hostal ohne Wäscheservice. Ich hatte vergessen, dass Sonntag ist und alle lavanderías geschlossen sind. Im dritten Hotel bin ich erfolgreich – und kann meine Wäsche drei Stunden später abholen. Essen sollte man am besten auf dem Markt, aber ich hab ECHT KEINE LUST MEHR auf Fleisch und Reis (und Kartoffeln und völlig zerkochte Nudeln). Außerdem ist es windig und bewölkt (= kalt). Beim Videotelefonieren mit Malte steht er in der Küche und ich bekomme Heimweh nach gemeinsamen was-leckeres-selber-Kochen, Sauberkeit und weniger Entscheidungennotwendigkeit. Am Ende sitze ich stundenlang in einem süßen Café, trinke fast guten Cappucchino und esse ein Sandwich mit gebratenen Zucchini.

Auch der nächste Morgen ist bewölkt und windig. Ich mache mich direkt nach dem Frühstück auf zum Busterminal.

Durch meine miese Laune (enttäuschte Erwartungen nach den wunderbaren Sajama-Tagen) mag ich über die Stadt nichts sagen, mein Urteil ist getrübt.


Spannende Themen!

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Danke! Wir lesen uns dann bald…

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