Vorab ein typisches Eli-Paradox: Das WOL-Programm dauert 12 Wochen und wie ihr gleich lesen werdet, bin ich nicht unfassbar begeistert. Trotzdem/gleichzeitig bin ich gerade zum zweiten Mal dabei. So schlecht ist es also doch nicht?!
Für den Deutsch-Muttersprachler ist schon der Name “Working Out Loud” irgendwie schwierig und nicht greifbar. Mit “laut arbeiten” arbeiten hat es nichts zu tun (sonst wären die Maschinenvertriebskollegen, die man ein Stockwerk weiter noch telefonieren hört, Meister der Methode…). Es geht darum, im geschützten Raum einer Kleingruppe über 12 Wochen ein persönliches Lernziel zu verfolgen. Anhand einer Methode/eines Mindsets, die/das du so verinnerlichst, dass du sie/es immer wieder anwenden kannst. Also:
4-5 Personen, 1 Stunde pro Woche, 12 Wochen, 1 persönliches Ziel
Dein eigenes WOL-Ziel ist der Dreh- und Angelpunkt. Du solltest es in 12 Wochen realistisch erreichen können (oder zumindest eine brauchbare Etappe davon), Einfluss darauf haben; es sollte dich inspirieren und du solltest es noch nicht können (ist ja ein Lernziel).
Angeleitet werden die wöchentlchen Treffen durch Circle Guides, die Denkanstöße und Übungen beinhalten. Erwähnenswert ist, dass soziale Netzwerke relativ prominent vorkommen, denn es geht schon um Sichtbarkeit und darum, (d)ein Netzwerk beim Streben nach dem Ziel in Anspruch zu nehmen und/oder aufzubauen. Wertschätzendes Geben & Nehmen ist die Grundlage – WOL als Mindset.
10 Fakten über mich
- Ich vergesse mein tolles Auslandssemester in Venezuela viel zu oft
- Habe erst mit 30 freihändig Fahrrad fahren gelernt
- Probiere gerne Sachen, nur um zu wissen, ob ich sie kann
- Sonne, Kuchen und Wertschätzung machen mich glücklich (unter anderem ;))
- Reiseziel für diesen Sommer (vielleicht/hoffentlich): Peaks of the Balkans
- Bahnen schwimmen und Wandern sind meine Meditationsformen
- Absolute Lerche: um 6 Uhr aufstehen ist super
- Ziel: in/näher an den Bergen wohnen
- Möchte irgendwann ein Buch schreiben
- Ich versuche möglichst plastikfrei zu leben
Das ist eine der ersten Übungen und sie ist ein toller Icebreaker. Bei wie vielen Punkten hast du gedacht “Interessant, da hätte ich eine Frage/Anmerkung”? Oder “Ich auch!”? Indem ich den Anfang mache und etwas persönliches teile (und nichts davon ist intim), lege ich den Grundstein für einen intensiveren und vertrauensvolleren Austausch. Egoistischer Nutzen: Der Smalltalk mit Unbekannten auf Partys wird viel spannender, denn damit beeinflusse ich ja die Themenwahl.
(Unqualifizierter Nebenkommentar: Partys? Unbekannte? Was ist das nochmal?)
Den ersten Zirkel habe ich selbst ins Leben gerufen, als ich im Herbst meine Organisationsentwicklungszertifizierung gerade abgeschlossen hatte und mich fragte: “was mache ich jetzt eigentlich damit?” (Unterfrage übrigens: “(Wie) kann mir der Blog in diesem Zusammenhang helfen?”)
Wichtigste Zutat: Die Circle-Mitglieder
Neben der Wahl des Ziels steht und fällt das Programm (und das Leben und alles) mit den Menschen, die einen dabei begleiten. Mit Berlin, Wien, fast-Wien und Schweizer Bodensee hatte ich sehr viel Glück. Wir drei Selbstständige und zwei Digital Somethings haben schnell unsere Wellenlänge gefunden. Voneinander zu lernen und uns austauschen hatte häufig Prio vor dem Durcharbeiten des Circle Guides. Oder, wie Volker es ausdrückte: “Habt ihr letzte Woche schon wieder nur gequatscht?!”. Nach Circle-Ende haben wir immer noch Quatsch-Termine, jetzt ohne schlechtes Gewissen.

Etwa zur Hälfte der ersten Runde spülte mir der LinkedIn-Algorithmus das WOL #FrauenStärken-Programm in meinen Feed. Bis dato hatte ich nicht das Gefühl, dass mir WOL völlig neue Welten eröffnet hat, es war das “gemeinsam” und vor allem die Begleitung durch die 12 Role Models, was mich angesprochen hat. Lauter spannende Frauen! Klar, ich hätte mich auch anderweitig mit ihnen beschäftigen können, aber ihr wisst ja wie es ist. (Wann) tut man das dann wirklich?
Also habe ich mich, wie 3.000 Andere auch, angemeldet. Obwohl ich kein konkretes WOL-Ziel zur Hand hatte. Die Liste mit Lern-Wünschen ist zwar lang, die Umsetzungszeit aber begrenzt – so realistisch war ich zumindest! Hab es als Fortsetzung des ersten Circleziels gesehen…
Die Anleitungen finde ich auch diesmal an den gleichen Stellen doof und wieder sind es die Mit-Zirkler, die mich bei der Stange halten. 2x Stuttgart, 2x Nürnberg und Berlin – wir wären ja sonst nie so zusammen gekommen! Diesmal sind ganz andere Charaktere dabei, das sorgt für eine andere Dynamik (und mehr Disziplin :)).
Ein großer Schatz ist die das Programm begleitende (geschlossene) LinkedIn-Gruppe. Das ist ein Feuerwerk an Themen und Menschen – Wahnsinn! (ja, manchmal auch ein bisschen zu viel…) Es wird bald viele neue Podcasterinnen geben, Videos werden qualitativer, Kulturwandel in den Unternehmen erfährt einen Boost, Personal Brand-Tipps werden getauscht, Selbstständigkeit und Gründungen gefeiert und und und… Am meisten drücke ich der Teilnehmerin die Daumen, die sich als Ziel gesetzt hat, Bergführerin zu werden – viel Erfolg!
Was sich durch WOL für mich verändert hat?
Das haben wir im Circle auch thematisiert und mir ist – typisch – erst mal nichts eingefallen (das “deine Haare sind aber lang geworden!” – “Echt? Ist mir nicht aufgefallen, sehe ich ja jeden Tag”-Phänomen). Also rauszoomen auf die Metaebene:
- Ich kenne 8 tolle neue Menschen, mit denen ich viel persönliches geteilt habe, deren Stärken ich kenne, denen ich vertraue, die in unterschiedlichen Bereichen zu Hause sind und die ich jederzeit anpingen könnte
- Außerdem haben sie mir den Weg zu neuen Perspektiven und weiteren Kontakten bereitet
- Mit einer #FrauenStärken-Teilnehmerin gehe ich nächste Woche “in echt” Mittagessen – wir wohnen nur 300 Meter auseinander, kannten uns aber nicht
- Obwohl ich nur mit minimalem Zeitaufwand in mein Ziel gesteckt habe: Ich habe etwas gemacht (und sicher mehr, als ohne Circle). Ihr werdet das noch merken…
- Hatte den Anmeldelink auch im unternehmensinternen social network gepostet und eine Handvoll Kolleginnen hat sich angemeldet (schon mal gut). Wir machen jetzt regelmäßig virtuelle Mittagessen und “mussten” mit einer Vorstellungsrunde starten, da sich die anderen untereinander nicht kannten. Mein Brückenbauer-Herz ist glücklich!
- So simpel manche Übungen sind, so machtvoll ist ihre Wirkung: in Sachen Kommunikation, Netzwerk und Smalltalk bin ich mindestens ein Level weiter
Und deswegen möchte ich, vor allem in dieser Zeit, WOL doch jedem ans Herz legen. Sucht euch im Unternehmen oder über die WOL-LinkedIn oder Facebook-Gruppe weitere Mitglieder, lasst euch die Circle Guides zuschicken (zum 1.4 gibts ne ganz neue Auflage) und probiert es aus!
Wenn euch ein Ziel/Wunsch mit realer Deadline unter den Nägeln brennt: umso besser & herzlichen Glückwunsch!
Noch mit der Organisationsentwicklungsbrille betrachtet
- In virtuell-hybriden Zeiten ist WOL (oder eine abgewandelte Form) eine wunderbare Möglichkeit, neue Mitarbeiter schnell ins Unternehmen zu integrieren
- WOL in Unternehmen ist gut geeignet, Silodenken aufzubrechen (schon doof, wenn man hört, was in anderen Bereichen auch spannendes passiert. Und was da für nette Leute arbeiten!)
- Auch wenn es außerhalb des Unternehmens/der Arbeitszeit stattfindet: es ist gelebter Kulturwandel. Das intensive Auseinandersetzen mit dem eigenen Thema und dem Peer-Coaching der Circle-Mitglieder sorgt für Schwung im Kopf
Wer trotz oder wegen meiner Ausführungen und der Links noch Fragen hat oder mehr persönliche Einschätzung möchte: meldet euch gerne. Und/oder erzähle von deiner WOL-Erfahrung!
P.S.: Es ist mir nicht gelungen, es elegant in den Text einzuflechten, muss aber erwähnt werden. Deshalb hier platt am Ende: Das FrauenStärken-Programm (ich wiederhole nochmal: 3.000 Teilnehmer = viele hundert Circle!) wurde von fünf Frauen in ihrer Freizeit, neben dem Job, organisiert. Dafür Kudos, Respekt und Danke! Danke auch für die neue Perspektive auf ehrenamtliches Engagement. Ich habe wieder Ideen…
Die hatte John Stepper – der Begründer von WOL – auch:
Mit Working Out Loud lernen Menschen, Beziehungen zu entwickeln, die sie dabei unterstützen können, Ziele zu erreichen, eine Fähigkeit zu erlernen oder ein neues Thema zu erforschen. Im Zentrum von Working Out Loud steht jedoch nicht der primäre Gedanke, sich zu vernetzen, um von anderen etwas zu erhalten, sondern es geht vielmehr darum, sich seinerseits zu öffnen, sein eigenes Wissen und seine Wertschätzung großzügig zu teilen und Unterstützung anzubieten, um auf diese Weise die eigene Erfahrung für andere sichtbar und nutzbar zu machen.
John Stepper im Circle Guide Erste Schritte
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