Um das Corona-Thema kommen nicht ganz herum, zunächst gehen wir aber kurz zurück in unsere Kindheit. Woran hat man bei dir in der Familie festgemacht, wie gut ein Urlaub war? Ich kannte das Wort damals noch nicht, aber bei uns gab es einen zentralen KPI: Die Anzahl Eisportionen pro Tag. „Wir hatten heute noch gar kein Eis“ war ein Grund, den restlichen Tag umzuplanen. Und einmal, ich war im Grundschulalter und erinnere mich vage, kam das Eis in Form einer 2 Liter Box aus dem Supermarkt (Vanille). Und weil wir im Apartment keinen Eisschrank hatten … mussten/sollten/durften wir es in einem Rutsch aufessen.
Vielleicht hat es mit diesem Erlebnis zu tun, dass ich Eis heute nicht so gerne mag. Statt dessen – so ist es mir in der Griechenlandwoche aufgefallen – haben Alkoholeinheiten das KPI-Zepter übernommen. Doro (die ich besucht habe) mag auch kein Eis und wir haben schon immer gern zusammen getrunken, insofern war das Ergebnis absehbar. Diesmal hatten wir aber ja einen guten Grund zum Trinken: Alkohol desifinizert und damit sind wir nun bei Corona.

Was habe ich gezittert, ob es klappt mit meinem Besuch in Athen… Der gebuchte erste Versuch im Mai war den EU-weit gesperrten Landesgrenzen zum Opfer gefallen. Griechenland steht bei den Infektionszahlen gut da, die Sorge war größer, dass sie mich nicht oder nur mit Quarantäne ins Land lassen. Das Fenster war gut, ich brauchte schließlich nur den Griechenland-QR-Code, der häufiger kontrolliert wurde als Anja und ich damals am Flughafen von Tel Aviv (hätte ich nicht gedacht, dass ich das (nochmal) erleben würde). Und dann war ich in Athen.

Doro ist einen Tag früher angekommen und hatte die im April überstürzt verlassene Wohnung bereits auf Vordermann gebracht, so dass wir direkt mit dem Urlaub machen anfangen konnten. Also: essen und trinken, baden an Athens Stadtstränden und Pläne schmieden. Bei letzterem erreichte uns die Nachricht vom Brand von Moria. Mit vielen Gedenkminuten, aber trotzdem: Wir wollten es noch urlauberiger, also auf eine Insel inkl. romantischer Fährfahrt dahin.

Das hat nicht geklappt, es wurde eine unromatische Highspeed-Geschichte mit mit-Maske-drinnen-sitzen-müssen. Die noch wichtigeren Kriterien 1. Abfahrt am Hafen von Piräus, 2. ordentliche Fährzeiten und 3. eine autofreie Insel hatten die Auswahl auf eine Insel geschrumpft:

Hydra

Viel wussten wir nicht. Wir hatten gelesen, dass es Kunst statt Autos gibt – und seltsam aussehende Luxusyachten. Das hat uns nicht so interessiert, wir wollten weißgetünchte Häuser, gutes Essen, Wein und Ouzo, Badebuchten und: ein Zimmer mit Balkon mit Aussicht. Wir wurden zehn Meter vom Anleger entfernt fündig. Uns hat von unten keiner gesehen, wir hatten aber das ganze Zentrum der Insel im Blick. Doro hätte einfach die ganze Zeit dort sitzen können, ich habe es auch erstaunlich lange ausgehalten. Zwischendrin sind wir ins trockene Hinterland, zu einem Kloster auf dem Berg gewandert und waren an mindestens fünf verschiedenen Stränden. Strand bedeutet auf Hydra Fels oder Kies. Kies hatten wir schon in Athen zu schätzen gelernt, denn man braucht kein Handtuch. Zum Trocknen liegt man eh in der Sonne, der Kies fällt problemlos ab, dann Kleid drüber, und schon kann es im Programm weitergehen!

Die Kunstszene, von der der verlinkte Artikel spricht, ist uns übrigens nicht begegnet. Als wir an unserem letzten Nachmittag aber vom Schwimmen zurück kommen … liegt die dort erwähnte Yacht im Hafen. Und unser Balkon ermöglicht uns besten Blick ins Schiff. Viel ist leider nicht passiert (es lief CNN – auf Trumps noch-nicht-Corona-infiziertes Gesicht hätten wir verzichten können, im Master-Bedroom hängt immer noch das „Freedom“-Leuchtdings, es waren zwei Frauen mit Dakis an Bord, sie sind abends an Land gegangen und die Angestellten haben das gleiche Outfit wie alle anderen Yachtangestellten), aber immerhin.

Athen

Zurück in der großen weißen Stadt haben wir Christoph aufgegabelt, der gerade eine Woche um die griechischen Inseln gesegelt war. Doro und ich hatten auf Hydra die Ankervorgänge im Hafen sehr fachkundig kommentiert, da hatten wir uns auf einen weiteren Profi gefreut. Christoph hat nur gelacht, ich verstehe immer noch nicht, warum…

Es war mein erstes Mal in Athen und Griechenland, deshalb habe ich keinen Vergleich. Aber: eigene Reihe im Flieger hin und zurück, keine Schlange vor und 100 Leute auf dem Akropolis-Gelände, leere Terrassen vor den Bars im Touriteil der Stadt – das kann nicht normal sein. Für mich toll – für die Griechen eine Katastrophe. Reisen war so, bis aufs stundenlange Maske tragen, woran ich mittlerweile so halb gewöhnt bin, hochangenehm. Vielleicht wird es doch nicht so ein CO2-neutrales Jahr für mich…

Maske tragen die Griechen übrigens gewissenhafter als wir. Doro sagte, dass es auch schon vor Corona Maskenträger in der Metro gab. Das wiederum war eine Kopfschüttelausprägung der Epidemie: In der Metro ist jeder zweite Sitz gesperrt. Heißt, wer einen Platz hat, hat viel Platz. Gleichzeitig waren die Züge ziemlich voll und so standen wir häufiger als einmal gedrängt im Gang. Sinnvoll?

Wahrscheinlich wäre es mir sogar ohne Doros frühzeitigen Hinweis aufgefallen, denn es lässt sich wirklich nicht leugnen: Die Griechen sind sehr faul, wenn es ums Gemüse schnibbeln geht. Um zu Testen, ob ein Restaurant von einem „echten“ Griechen geführt wird, braucht man nur etwas mit rohen Tomaten zu bestellen. Wenn die Stücke riesig sind (also maximal geviertelt), dann ist es hochauthentisch.

Für Doro ein großer Gegensatz, denn die persischen Flüchtliche, die (in prä-Corona-Zeiten) zu ihnen zum Essen nach Samaria kamen, schneiden alles noch viel feiner, als wir es üblicherweise tun. Doros Arbeitsstätte haben wir natürlich auch angeschaut. Die Mischung aus abgenutzt schrabbelig, aber gleichzeitig doch irgendwie gemütlich und einem Lager mit unzähligen beschrifteten Boxen kenne ich. Es fühlte sich an wie früher im Pfarrzentrum zu Sternsingeraktionen und Gruppenstunden.

Die Mischung aus „zu Hause“, schon allein duch das Zusammensein mit Doro, und „Exotik“ (diese Sprache – man versteht nichts! Immerhin habe ich dank kyrillisch und rudimentären Mathekenntnissen die griechischen Stationsnamen entziffern können) war wunderbar. Der Ruhepuls ist direkt 9 Punkte runtergegangen und ich stelle für mich wieder fest: Urlaub auf dem eigenen Balkonien is not my thing. Mir geht es besser, wenn ich von inexistenten Gehsteigen genervt bin und ich lasse mich auch gern von Ladenbesitzern dafür auslachen, dass ich denke, dass der Sahnepudding ein Käse ist. Christoph und ich waren dem guten Mann so dankbar für den Hinweis, dass wir dabei sind einen Ultrahartkäse zu kaufen, wo wir doch was Fetaähnliches wollten, dass wir dafür demütig den Hinweis angenommen, dass man die Salamipelle nicht mitessen kann… Er hatte zu Hause was zu erzählen – und wir auch!

So ist die Zeit also wieder viel zu schnell vergangen, mit zu vielen Getränken, zu wenig Schlaf, bei sonnigen 30 Grad und vielen guten Gesprächen.
Beim Landeanflug in Stuttgart habe ich genau aufgepasst, die Bäume waren noch grün! Trotzdem wusste der Kopf: Das war der Sommerabschluss. Ein wunderbarer. Auch mit nur einem einzigen Eis.

negativ!

2 Comments

    • Gerne …
      Ich hatte für den Fall der Fälle meinen Arbeitslaptop dabei :). Zurückzukommen ist glaube ich aber einfacher als in ein Urlaubsland, da haben sich meine Sorgen in Grenzen gehalten. Kann ich aber verstehen – vor allem, wenn man nicht problemlos mobil arbeiten kann.

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