Wo sind denn all die Menschen? – fragte ich mich schon im überhaupt nicht vollen Zug (gut, tagsüber braucht man auch kein Schlafabteil). Vor dem Bahnhof in Varanasi sah es zugegebenermaßen schon anders aus, auf der Straße auch.

Aber erst mal kurz zu Varanasi. Angeblich seit 5000 vor Christus durchgehend besiedelt. Bei den Hindus hat die Stadt besondere Bedeutung, denn wer hier stirbt, durchbricht den Wiedergeburtskreislauf und erreicht direkt das Nirvana.

Besondere Bedeutung haben auch die Kühe (ich muss noch rausfinden warum eigentlich ausgerechnet Kühe), die als heilige Wesen hier narrenfrei durch die Gegend spazieren. Angeblich 100.000 gibt es, hab ich irgendwo gelesen. Kann ich mir gut vorstellen, die sind überall, vor allem an den Verbrennungs-Ghats, da fressen sie nämlich die Blumenkränze, mit denen die Toten in der vorhergehenden Zeremonie geschmückt werden.

Die Zahl der Hospize in der Stadt konnte ich nicht herausfinden, aber wer es geschafft hat hier zu sterben, der wird an einer von zwei Stellen am Ganges verbrannt. Rund um die Uhr brennt es, es hat tatsächlich ein bisschen Fabrik-Feeling.

Varanasi hat mich schon bei für sich eingenommen, als wir mit 4 Stunden Verspätung (auf eigentlich 5 Stunden Fahrzeit) in die Stadt gerollt sind. Ich stand in der Brise an der offenen Zugtür, die Sonne wurde langsam abendglutrot, und zahlreiche Drachen steigen und fallen gegen das Licht, das Gehupe ist im Hintergrund, man hört mehr die Kinder beim Spielen… (die Oberleitung hat das dazugehörige stimmungsvolle Foto verhindert). Wunderschön. Und der erste Blick auf den Ganges am folgenden Morgen um 6 Uhr im Nebel war atemberaubend. Ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet, dass es ein besonderer Moment sein würde, aber ich musste mich erst mal hinsetzen.

Auch tagsüber ist das Menschengewühl ausgeblieben, man könnte sagen, es ist sehr zivilisiert zugegangen :). Man kann den Menschen beim Baden zuschauen (wer dreimal untertaucht, dem sind alle bisherigen und zukünftigen Sünden vergeben – oder so ähnlich), beim Wäsche waschen, beim Opfer darbringen. Varanasi heißt auch City of Lights, das bezieht sich auf die schwimmenden Opferkerzen. Während des Diwali-Fests muss das gigantisch aussehen. So waren es immer nur ein paar. Mit Franzosen aus dem Guesthouse habe ich mir die Szenerie bei einer Bootsfahrt vom Wasser aus angeschaut – die Wasserseite sieht sehr schön aus. 

Tatsächlich hab ich die Varanesen (oder wie man sie wohl nennt) als sehr angenehm empfunden. Die allermeisten Verkäufer (You want boat, Miss?) haben ein freundliches Nein auch bei ersten Mal akzeptiert. Ich hab mich sehr wohlgefühlt. Hatte Will gefragt, wie es denn mit der Sicherheit in der Stadt so aussieht. Seine Antwort: Alles easy, nur vor den männlichen (!) Kühen solltest du dich in Acht nehmen. Na gut.

Einen intensiven Ausflug in den Buddhismus habe ich auch noch gemacht, nämlich nach Sarnath, wo Buddha gelehrt hat (eine der vier wichtigen Städte, was Buddha angeht). Und Chrissi und Andreas, mit denen ich unterwegs war, haben sich sehr intensiv mit dem Buddhimus beschäftigt und haben ihr Wissen sehr gerne geteilt. Ich hab mich zwar gefragt, ob ich das nicht wissen müsste… Aber: gut! Und wir hatten den weltbesten Tuktukfahrer. Trotzdem hat auch er für die eigentlich 12 km 50 Minuten gebraucht.

Ja, Varanasi war also super. Bis ich den Tempel besichtigen wollte. Dazu muss man in die Altstadt. Sehr enge Gassen, so dass zwei Leute nebeneinander gehen können, aber natürlich sind auch da Roller unterwegs. Und dann konnte ich nicht rausfinden, wo/wie das jetzt funktioniert (muss ich in den Schließfächern wirklich meine Schuhe lassen? Barfuß mit den ganzen Indern 200m in der Schlange stehen?). Die Laune ist gekippt, ich bin geflüchtet. Da begannen die Kieferschmerzen. Mein erstes Stresszeichen ist, wenn sich der Kiefer verspannt. Dachte das wäre es. Aber es wurde nicht mehr besser… Bis ich zurück im Hostel war hatte ich Fieber (da ist vermutlich nicht der Tempel dran schuld) und war schlapp.

Mehr als nebenan die weltbeste, ganz frische Tomatensuppe (mit tonnenweise Knoblauch und Koriander) essen, packen und ins Bett fallen ging nicht mehr. Dabei ist doch morgen der Flug nach Ahmedabad zur Hochzeit…

P.S.: Die Straße von Pokhara nach Sonauli (Grenzort) war deutlich besser. Meine Vermutung ist, dass weniger Verkehr auch weniger schnell für Schlaglöcher sorgt… Auch hier geht es am Abgrund entlang 🙂 Im Bus saßen unter anderem auch noch ein Argentinier und ein Brite, der in Dänemark wohnt, die beide schon länger in Varansi sind. Insofern konnte ich mich einfach dranhängen – war super!

Der Grenzübergang ist unkompliziert, das schwierigste ist, die Häuschen zu finden, wo man den nepalesischen Ausreise- und den indischen Einreisestempel bekommt. Ein Taxi hat uns die langen, aber eigentlich wenigen Kilometer nach Gorakhpur gebracht. Dort haben Will und ich übernachtet und am nächsten Morgen den Zug genommen (der Argentinier hatte ein Ticket für den Nachtzug. Im Nachhinein wäre es die bessere Option gewesen, aber es gab keine Tickets mehr). Auch hier war Will von großem Wert, denn er hat mir langes Anstehen am Schalter erstart, indem er das Ticket einfach über die App gekauft hat. Dafür braucht man eine indische Handynummer. Die habe ich jetzt aber auch, er hat mich noch zum Schwarzmarkthändlicher sines Vertrauens gebracht. Offiziell eine SIM-Karte kaufe hbeinhaltet nämlich sonst neben Foto, Pass- und Visumkopie weitere Schikanen. Wurde mir berichtet. Die Inder sind große Freunde der Bürokratie!


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